Nils

Eine Couch für eine Nacht


         Wir sitzen in gemütlicher Runde am Lagerfeuer in meinem Hinterhof. Adrian, Max, Daniela und diese fremde Frau. Verloren starrt sie in die Flammen, nimmt ab und zu einen Schluck aus der Bierflasche, die ich ihr vorhin gereicht habe. Eine unendliche Traurigkeit umgibt sie wie ein Schleier. Am liebsten würde ich ihr den abnehmen. Aber wie soll das gehen? Ich weiß noch nicht einmal ihren Namen, geschweige denn, woher sie kommt und warum sie hier ist.

         Während ich sie – hoffentlich unauffällig – beobachte, überlege ich, wie ich sie noch einmal treffen könnte. Denn sie wird später mein Reich wieder verlassen.

         Seit einer gefühlten Ewigkeit hat mich niemand mehr so fasziniert wie sie. Definitiv ist sie etwas Besonderes. Doch wie komme ich an ihre Telefonnummer? Oder ihren Namen? Jegliche Sätze, die mir einfallen, um ein Gespräch zu beginnen, klingen schon beim gedanklichen Formulieren plump. Damit würde ich sie vermutlich nur forttreiben. Das möchte ich auf jeden Fall vermeiden.

         Adrian spielt auf seiner Gitarre irgendwelche Melodien. Möglicherweise denkt er die sich gerade aus. Dafür bin ich ihm echt dankbar, schindet er so doch ein wenig Zeit für mich. Unsere Runde scheint ihr zu gefallen. Sie wirkt inzwischen entspannter. Oder erschöpfter. So genau kann ich es nicht sagen.

          ch nutze die Zeit, um meine Gedanken zu sortieren. In meinem Kopf geistern immer nur die Worte Name und Telefonnummer herum. In Endlosschleife. Ohne, dass sie sich in einen vernünftigen, freundlich klingenden Satz zusammenfügen.

         So geht das nicht. Ich unterdrücke einen lauten Seufzer, atme stattdessen gedehnt aber leise aus und nehme dann einen Schluck Bier. Resigniert beobachte ich die Flammen, die sich um die Holzstücke schlängeln und diese nach und nach verschlingen.

         Doch immer wieder schweift mein Blick hinüber zu dieser Frau, als würde sie mich magisch anziehen. Ich schätze sie ein paar Jahre jünger als mich, auch wenn diese riesige Traurigkeit sie ein bisschen älter erscheinen lässt.

         Daniela hat sich an Max gekuschelt, den Kopf an seine Schulter gelegt und er hält schützend seinen Arm um sie. Zum ersten Mal seit mehr als vier Jahren spüre ich sowas wie Neid darüber. Es ist nicht so, dass ich es den beiden nicht gönne. Im Gegenteil, sie sind ein tolles Paar und großartige Freunde. Doch heute – jetzt – wünsche ich mir so etwas auch wieder für mich.

         Hatte ich es jemals?
         Ich bin mir nicht sicher.
         Warum überkommt mich diese Art von Eifersucht gerade jetzt? Sind Adrians eher sanfte

Melodien schuld daran? Oder doch diese Fremde neben mir, die mich so in ihren Bann zieht.

Selbst über den Rauch vom Lagerfeuer hinweg umhüllt mich ihr Duft nach Vanille und ein Hauch Zitrone.

         Mir rinnt die Zeit durch die Finger wie der feine Sand am Strand. Es dämmert bereits, was bedeutet, dass es schon auf zehn zugeht. Das wiederum wird bald zur Auflösung dieser Runde führen. Die war heute eher schweigsam, aber nicht unangenehm. Wir haben ein wenig darüber gesprochen, was in den vergangenen Tagen passiert ist, und Adrian hat mich zu zwei Surfkursen eingeteilt, die ich übernehmen soll.

         Er nimmt noch einmal die Gitarre auf und verwöhnt uns mit ein paar Instrumentalballaden. Adrian spielt echt gut. Es ist aber nicht vergleichbar mit dem, was wir vorhin von dieser fremden Frau hören durften. Ihre Art, Gitarre zu spielen. Ihr Gesang. Trotz der unzähligen Tränen. Vielleicht bin ich auch ein klein wenig befangen, weil Adrians Erscheinung einfach zu männlich ist und er – im Gegensatz zu ihr – nicht so bezaubernd aussieht.

         Erneut wende ich mich ihr zu. Schon seit einer Weile starrt sie meditativ ins Feuer. Ihre Traurigkeit ist einer Art Verlorensein und Stille gewichen.

         Als Adrian sein Spiel beendet, macht sich Aufbruchstimmung breit, auch wenn sich noch niemand erhebt. Das scheint sie ebenfalls zu spüren und zum ersten Mal richtet sie ihre Aufmerksamkeit auf uns.

         »Ähm, ich ...«, sie räuspert sich, »... ich hätte noch eine Frage«, meint sie zögerlich und ihr Blick schweift kurz über uns. »Ich bräuchte noch eine Übernachtungsmöglichkeit. Mir ist schon klar, dass es dafür reichlich spät ist, aber vielleicht wisst ihr was.«

         Na das fällt ihr ja früh ein. Vielleicht sollte es aber so sein.
         Alle schütteln bedauerlich den Kopf.
        »Tut mir leid«, antwortet Daniela, »Bei Annika ist nichts mehr frei, oder?«, erkundigt sie

sich bei Max.
         Der schüttelt den Kopf. »Nee, tut mir leid. Vielleicht, wenn du weiter ins Landesinnere

fährst. Allerdings um diese Uhrzeit? Ich fürchte, das wird nix mehr. Bei uns ist leider kein Platz.« Er legt den Arm um Daniela und gemeinsam verabschieden sie sich.

         Auch Adrian ist inzwischen aufgestanden und bestätigt, dass es schlecht aussehe, weil fast Hochsaison sei. Dann verabschiedet er sich mit einem männlichen Handschlag bei mir.

         »Ich häng die Gitarre wieder rein. Kannst sie verkaufen, ist nicht so schlecht.« Damit ist er verschwunden.

         Als ob es nötig gewesen ist, das extra zu erwähnen. Ich verkaufe keine schlechten Instrumente. Immerhin hätte ich einen ausgezeichneten Ruf zu verlieren.

        Ich bleibe mit der fremden Frau allein zurück. Und das ist meine Chance, die ich ohne zu zögern ergreife.

        »Du kannst gern hier schlafen. Meine Couch ist groß genug«, nehme ich den Faden ihrer Unterkunftssuche wieder auf. »Außerdem brauchst du so nicht mehr herumirren, es gibt sowieso nichts unter fünfhundert Euro die Nacht. Und das Hotel dazu liegt im Nachbardorf. Hier bei uns ist es nicht ganz so touristisch und die paar Unterkünfte sind sicher schon ausgebucht.«

        »Das hab ich auch schon bemerkt«, gibt sie zähneknirschend zu.

         Sie kaut verlegen auf ihrer Unterlippe und ich kann die Skepsis über mein Angebot in ihren Augen ablesen. Sie traut mir nicht so ganz über den Weg. Das ist schon erstaunlich, wo sie doch hier in meinem Hinterhof sitzt. Okay, ich gebe zu: Sie kann nicht wissen, wie groß der Schritt für mich war, sie hierhin einzuladen. Es ist mein privater Bereich und der ist bisher nur meinen Freunden vorbehalten gewesen. Ebenso wie meine Wohnung. Und ich finde keine Erklärung, warum ich für sie meine Türen öffne. Ich weiß nur, dass ich sie noch nicht gehen lassen will.

         Sie taxiert mich. In ihrem Gesicht zeichnen sich die unterschiedlichsten Emotionen ab. Sie scheint zu überlegen, ob und wie weit sie mir trauen kann. Kämpft mit der verlockenden Aussicht auf einen bequemen Schlafplatz. Wir kennen uns überhaupt nicht und es macht für sie gewiss einen riesen Unterschied, hier am Lagerfeuer zu sitzen oder oben in meiner Wohnung. Wenn sie wüsste, dass ich nie Fremde in mein Haus lasse. Die Einladung an sie gleicht einem Wunder, über das ich sicher mehr erstaunt bin als sie.

         Ihre Augen wandern unruhig zwischen dem Feuer und ihren Händen hin und her und sie zuckt ein bisschen mit der gekräuselten Oberlippe. Sie versucht, es zu verbergen, doch es gelingt ihr nicht recht. Das ist süß. Irgendetwas blitzt ruckartig in meinem Brustkorb auf. Ich schüttele es unmerklich ab und sehe ihr an, dass sie mir nach und nach entgleitet. Der Fluchtgedanke scheint den Kampf zu gewinnen.

         Wie kann ich das verhindern? Vielleicht sollten wir einfach mal miteinander reden. Das machen die meisten Menschen so. Nur mit ihr ist es anders. Sie spricht kaum. Genau genommen hat sie nur wegen der Unterkunft Worte in den Mund genommen. Singen scheint ihr leichter zu fallen.

         Wie beginnt man nochmal ein Gespräch? Mann, ich führe mich auf, als würde ich nie mit neuen Leuten zusammentreffen. Dabei passiert mir das fast täglich. Allein schon wegen meines Ladens und wenn ich Surfkurse bei Adrian leite. Vielleicht sollte ich mich mal vorstellen. Das wäre doch ein guter Anfang.

         Ich strecke ihr die Hand entgegen und hoffe, dass sie mir noch nicht entwischt ist. »Ich bin Nils. Das ist mein Laden, oben drüber ist meine Wohnung. Jetzt bin ich zumindest kein Fremder mehr.« Gehts noch bescheuerter?

         Höflich erwidert sie meinen Handschlag: »Anina. Danke für das Angebot. Bist du dir sicher?«

         Mit der größten Ruhe, die ich aufbringen kann, antworte ich ihr: »Sicher. Ich habe dir ja auch ein Bier ausgegeben. Das kriegt nicht jeder.« Sie muss ja nicht unbedingt wissen, dass das zwar mein Bier, es aber Max war, der mir die zweite Flasche für sie in die Hand gedrückt hat. Ich wäre nämlich dazu überhaupt nicht in der Lage gewesen. Sie hat mich mit ihrem Spiel und Gesang gefangen. Ihre grazile Hand liegt jetzt in meiner, als würde sie dorthin gehören. Ein sanftes Kribbeln breitet sich auf der Berührungsfläche zwischen uns aus. Ich will sie definitiv noch nicht gehen lassen und es sieht gerade gut für mich aus.

        Dankbar lächelt sie mich an. Es gelingt ihr diesmal ein zwar zurückhaltendes, dennoch wunderschönes Lächeln – was wiederum ein eigenartiges Flattern hinter meinem Brustbein auslöst und mich erleichtert aufatmen lässt. Hoffentlich nicht zu laut.

         »Na komm, es ist spät, mein Tag war lang.« Mit diesen Worten stehe ich auf, werfe einen Kontrollblick auf die Glut und stelle fest, dass diese getrost ausglühen kann. Anina erhebt sich ebenfalls und will nach ihrem Rucksack greifen. Doch ich komme ihr zuvor und schnappe mir das Riesenteil, das gar nicht so leicht ist. Wow, da hat sie einiges getragen. Alle Achtung, das muss man erst mal schaffen! Wie lange hat sie das Ding rumgeschleppt? Wo kommt sie her? Vielleicht bekomme ich Antworten auf meine Fragen. Immerhin besteht nun die Chance, dass ich sie näher kennenlerne.

         Durch mein Büro, das zwischen Laden und Werkstatt liegt, gehen wir ins Treppenhaus und erklimmen die Stufen nach oben. Auf dem Treppenabsatz im ersten Stock ist der Eingang zu meiner Wohnung. Die große Glasfront, die sich über die gesamte Breite des Treppenhauses zieht, stammt aus dem Erbauungsjahr Ende des vorletzten Jahrhunderts. Sogar der milchige Glaseinsatz mit dem eingeschliffenen Schilfrohr am rechten und linken Rand ist original. Mittig befindet sich die Eingangstür zu meinem Reich.

         Wir treten in den Vorraum und ziehen die Schuhe aus. Ich werfe einen Blick auf Aninas total abgetragene Wanderschuhe, die neben meinen fast neuen, weißen Sneakers stehen und dadurch noch mitgenommener wirken. Die müssen einen langen Weg hinter sich haben. Vielleicht erzählt sie mir davon. Neugierig bin ich auf jeden Fall.

         Ich öffne die Wohnungstür, lasse Anina in den Flur dahinter treten und führe sie weiter in die offene Küche. Damals beim Umbau habe ich mich entschieden, die Wand zwischen Küche und Wohnzimmer herauszureißen und stattdessen eine Kochinsel samt Theke einzubauen. Im Durchgang zwischen Küche und Essbereich bleibt Anina stehen, während ich ihren Rucksack zum Ecksofa bringe. Sie sieht sich um und wirkt dabei etwas unbeholfen, als wäre sie fehl am Platz. Ich gehe zu ihr zurück und werde mir auf eine seltsame Weise des Holzes unter meinen Füßen bewusst. Die Dielen abzuschleifen und zu lasieren war eine mühselige Arbeit, doch das Ergebnis kann sich sehen und fühlen lassen. Jetzt ist es, als würde ich zum ersten Mal diesen Boden betreten. Irgendetwas ist momentan höchst eigenartig.

         Was mache ich jetzt mit ihr? Da sonst nur Freunde oder meine Mutter zu Besuch kommen, muss ich mich nie als großartiger Gastgeber aufspielen. Sie kennen sich alle aus und sind hier quasi zu Hause.

Das Badezimmer könnte ich ihr zeigen. Das wird sie höchstwahrscheinlich brauchen. »Komm, ich zeige dir noch das Bad.«

         »Das ist sicher sinnvoll«, antwortet sie und erneut schleicht sich ein winziges Lächeln um ihre Mundwinkel.

         Ich gehe zu einer der Türen im Flur und öffne sie. Diesen Raum habe ich eher schlicht gehalten, mit Dusche, Toilette und Waschbecken. Das Badezimmer im oberen Stock ist wesentlich geschmackvoller und vor allem mit einer geräumigen Badewanne ausgestattet.

         Ich lege ihr ein großes Handtuch auf das Waschbecken. »Falls du später noch duschen möchtest«, ergänze ich erklärend, nur damit sie weiß, dass sie nicht zögern muss. Sie wirkt äußerst zurückhaltend. Eigenartigerweise ist es mir wichtig, dass sie sich wohlfühlt. Dabei bleibt sie nur für eine Nacht. Leider.

         Fieberhaft überlege ich, wie ich den Abend mit ihr hinauszögern kann. Da fällt mir etwas ein und wir gehen zurück in die Küche.

          »Hast du Hunger? Ich hab nicht viel da, aber für ein Brot mit was drauf sollte es reichen.« Hoffentlich sagt sie ja.

          »Danke, ich glaub, ich könnte was vertragen. Das Eis ist schon ’ne Weile her.«

Ich habe doch tatsächlich für einen Moment die Luft angehalten und spüre kleine Hüpfer von meinem Herzen.

         Viel gibt der Kühlschrank nicht her, doch es reicht für einen spätabendlichen Snack. Gemeinsam decken wir den Tisch. Es macht den Eindruck, als würde sie sich hier auskennen und hierher gehören. Das gefällt mir irgendwie und entlockt mir ein innerliches Lächeln.

         »Das ist ein schöner Tisch. Wo hast du den her?«, fragt sie, während wir uns setzen.

         Ich lächle verschmitzt, mit einem Hauch Stolz angereichert. »Selbstgebaut. Das Holz ist Treibgut vom Strand. Ich musste es nur passend bearbeiten und schon ist ein Tisch daraus geworden.« Ganz so leicht, wie ich es darstelle, war es nicht. Aber ich muss ja nicht angeben. Viel mehr interessiert mich jetzt, was sie hierher geführt hat.

         »Woher kommst du eigentlich?«, wage ich mich vor. In ihrer Stimme schwingt ein fremder Singsang mit, den ich geografisch nicht zuordnen kann.

         Anina beißt von ihrem Käsebrot ab und kaut bedächtig. Es wirkt, als würde sie überlegen, was und wie viel sie mir erzählen möchte. Nachdem sie den kleinen Bisschen endlich hinuntergeschluckt hat, antwortet sie mir: »Im März bin ich zu einer Wanderung aufgebrochen. Ich bin im südlichen Bayerischen Wald los und bis hierher gegangen.«

         »Zu Fuß?!« Ich verschlucke mich fast am Wasser und kann mein Erstaunen kaum aus meiner Stimme heraushalten. »Wie viele Kilometer sind das? Tausend?«

         Sie schmunzelt etwas verlegen. »Nicht ganz, aber fast.«

         Das Warum interessiert mich noch viel mehr, aber ich möchte nicht weiter nachbohren. Wenn man solch eine Strecke wandert, steckt sicher eine Menge dahinter. Vielleicht wollte sie diesen Schleier von Traurigkeit damit vertreiben. Der ist zwar nicht mehr so ausgeprägt wie heute Nachmittag, schwingt jedoch auch immer wieder in ihrer Stimme mit. Außerdem weint man im Allgemeinen bei fremden Leuten im Hinterhof nicht so viele Tränen. Doch ich werde den Teufel tun und sie fragen. Dafür sind wir uns zu fremd. Und ich möchte nicht, dass sie sich zu einer Erklärung verpflichtet fühlt, nur weil ich ihr meine Couch für diese Nacht angeboten habe.

         »Wo warst du alles?«, weiche ich deshalb auf unverfänglicheres Gebiet aus.

         »Ich bin durch Bayern, war in Thüringen – Bleilochstausee, Jena zum Beispiel – dann Naumburg, Halle und bis nach Magdeburg. An der Müritz bin ich ein paar Tage länger geblieben und dann recht zielstrebig an die Ostsee.«

         »Wow, da hast du einiges gesehen. Kommst du aus Bayern?«

         Sie nascht eine Tomate und nickt. »Ja, ich bin dort geboren, wohne aber schon seit ein paar Jahren in Innsbruck.«

         »Und warum ausgerechnet Langwieck? Es ist zwar recht schön hier, aber nicht das Ziel Nummer eins, wenn man an die Ostsee kommt.«

         Sie zuckt mit einer Schulter und legt den Kopf leicht schräg. »Ich dachte mir, der Ort ist nicht so überlaufen. Menschenmassen ertrage ich derzeit nicht so gut.«

         Der Schleier legt sich nun über ihr Gesicht. Sie möchte sich in sich zurückziehen, wagt es aber anscheinend nicht. Sie kämpft mit etwas, das wahrscheinlich auch mit den Songs von vorhin zu tun hat. Ich sollte ihr Ruhe gönnen.

         »Ich werde jetzt ins Bett gehen. Brauchst du noch irgendwas?«
         Sie schüttelt den Kopf. »Nein, danke. Ich denke, ich komme zurecht.«
          »Fühl dich wie zu Hause und schlaf dich ruhig aus.« Mit diesen Worten erhebe ich mich

und wir räumen noch gemeinsam den Tisch ab. Dann verabschiede ich mich nach oben. »Schlaf gut.«

         »Danke, du auch.«

         Ich bin schon auf der Treppe, als sie meinen Namen ruft. Wie besonders der aus ihrem Mund klingt. Ich bleibe auf der Stufe stehen und drehe mich zu ihr um. Für einen Moment verweilen unsere Blicke etwas länger aufeinander. Obwohl sie erschöpft wirkt und etwas unbeholfen im Flur steht, ist sie eine Schönheit. Eine wehmütige Schönheit.

         »Danke nochmal, dass ich hier schlafen kann.«

         Ich winke ab. »Kein Problem. Ich konnte dich ja schlecht einfach auf der Straße sitzen lassen.« Meine Stimme kratzt ein wenig.

         Sie lächelt mir zaghaft zu und weiß offenbar nicht mehr, was sie darauf sagen soll, also gibt sie nur noch ein knappes »Gute Nacht« von sich und verschwindet im Bad. Derweil gehe ich nach oben und mache mich dort zum Schlafen fertig.

         Mit hinter dem Kopf verschränkten Armen liege ich im Bett. Bevor mir die Augen gänzlich zufallen, schwingt ihre Stimme von vorhin, als sie Wish, You Were Here gesungen hat, noch einmal durch meinen Kopf – und mein Herz.